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ÖKOSTROM?



                                             NEUE KLEIDER FÜR















            Das Tauziehen um die Ökostromreform sollte längst in der heißen Phase sein, da die
            Tarifverträge Ende des Jahres auslaufen. Doch danach sah es zuletzt nicht aus.


              Am 22. November wurde die kleine Ökostromnovelle von der Tages-   Wirtschaftskammer: Diese Punkte seien „nichts anderes, als dem alten
            ordnung  des Ministerrats  entfernt.  Branchenkenner  urteilen,  dass   Tarifsystem einen weiteren Aufschub zu gewähren, bevor aus Brüssel
            damit die realistische Chance vorbei sei, um den Reformstau des   die endgültige Verordnung zu einer Systemumstellung kommt“. Der-
            Ökostromgesetzes  mittelfristig  zu beseitigen. Dabei  hatte es im    zeit scheinen diese Überlegungen allerdings auf Eis gelegt – zumindest
            September noch vielversprechend ausgesehen: Wirtschaftsminister   wird es vorerst keine parlamentarische Mehrheit zur Verabschiedung
            Dr. Reinhold Mitterlehner hatte zwei Novellen zum Ökostromgesetz   der Ökostromnovelle geben.
            angekündigt. Bei den Erzeugern von erneuerbarer Energie war Zu-
            versicht ausgebrochen. Manche erwarteten sich das neuerliche Aus-  2017 – scheitert die Reform?
            schütten eines Füllhorns.                           Damit ist auch offen, ob die zweite, grundlegendere Änderung des
                                                              Ökostromgesetzes kommt. Das alte Tarifsystem sollte einem marktkon-
              Doch bevor der Kuchen neu verteilt werden konnte, gab es zu-  formeren und effizienteren Fördersystem weichen. „Fixe Einspeisetarife
            nächst hinter den Kulissen ein politisches Tauziehen: Sozialpartner   wie bisher blockieren den technologischen Fortschritt“, hatte der Wirt-
            und Politik verhandelten über die Höhe der Abwrackprämie für klei-  schaftsminister bei der Tagung der Energiewirtschaft gesagt. Die neuen
            ne, technisch veraltete und wenig rentable Biogasanlagen. Im Re-  Regelungen sollen helfen, neue Technologien stärker an die Marktreife
            gierungsprogramm ist das auf Seite 32 als „stranded cost Lösung“   heranzuführen. „Ziel ist, die Balance zwischen dem weiteren Ausbau
            geführt. Bei Redaktionsschluss war noch kein Ergebnis in Sicht. Ziel   von erneuerbaren Energien und den Ökostrom-Kosten für Haushal-
            der Politik: Von den knapp 400 Biogasanlagen in Österreich sollen die   te und Wirtschaft zu wahren“, sagt Mag. Alexandra Perl, Leiterin des
            wirtschaftlich soliden überleben – also etwa die Hälfte. Für die über-  Pressereferats im Wissenschaftsministerium. Wirtschaftsminister
            lebenden Biogashersteller geht es in der Novelle um Nachfolgetarife.   Mitterlehner war jedenfalls mit einem großen Forderungskatalog sei-
            Hier erwartet Dr. Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Um-  tens der Ökostromerzeuger konfrontiert, der mit einem Ruf nach mehr
            welt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, vom   Geld zusammengefasst werden könnte. Wenn es etwa nach den Wün-
            Gesetzgeber, die Forderungen der Biogasanlagenbetreiber an strenge   schen der Photovoltaikbranche geht, formuliert der Geschäftsführer
            Bedingungen zu knüpfen. Künftig sollten nur jene Anlagen Förderun-  des Bundesverbandes Photovoltaic Austria (PVA), Dr. Hans Kronberger:
            gen erhalten, die auch aufgerüstet werden und effizient Ökostrom
            liefern.  „Anlagenbetreiber  sollten unter  anderem  dazu verpflichtet
            werden, ihre Netzeinspeisung effizienter zu timen. Also erst dann den
            Strom zu liefern, wenn es dafür Bedarf gibt.“                     „Es soll ein Förderquantum für Bürger-
              Außerdem sollte in der Herbstnovelle die gemeinsame Nutzung von   beteiligungsanlagen nach dem beste-
            Erzeugungsanlagen in Mehrfamilienhäusern geregelt werden. Konkret   henden Tarifsystem gesichert werden.
            ist für Photovoltaik-Kleinsterzeugungsanlagen eine Ausnahme ge-   Der Rest sollte in eine Investförderung
            plant: Für den Windkraftausbau soll die Erstreckung der sogenannten   umgewandelt werden.“
            Verfallsfrist für eingereichte Anträge von drei auf vier Jahre verlängert
            werden. „Damit könnten derzeit auf Realisierung wartende rund 700
            Megawatt sofort umgesetzt werden“, sagt ein Sprecher der IG Wind-  Dr. Hans Kronberger, Geschäftsführer des Bundesverbandes Photovoltaic Austria
            kraft. Derzeit fallen Windkraftprojekte, die einen Antrag auf Förderung
            gestellt haben, nach drei Jahren aus der Reihung und haben dann keine   Damit könnte ein kräftiger Ausbauimpuls gesetzt werden. Dr. Harald   Foto: PV Austria
            Perspektive auf Realisierung mehr. Kritik kommt von Schwarzer aus der   Proidl, Abteilungsleiter der Ökoenergie und Energieeffizienz bei


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