Page 24 - EAA_MAG_DEZ_16
P. 24
ÖKOSTROM?
NEUE KLEIDER FÜR
Das Tauziehen um die Ökostromreform sollte längst in der heißen Phase sein, da die
Tarifverträge Ende des Jahres auslaufen. Doch danach sah es zuletzt nicht aus.
Am 22. November wurde die kleine Ökostromnovelle von der Tages- Wirtschaftskammer: Diese Punkte seien „nichts anderes, als dem alten
ordnung des Ministerrats entfernt. Branchenkenner urteilen, dass Tarifsystem einen weiteren Aufschub zu gewähren, bevor aus Brüssel
damit die realistische Chance vorbei sei, um den Reformstau des die endgültige Verordnung zu einer Systemumstellung kommt“. Der-
Ökostromgesetzes mittelfristig zu beseitigen. Dabei hatte es im zeit scheinen diese Überlegungen allerdings auf Eis gelegt – zumindest
September noch vielversprechend ausgesehen: Wirtschaftsminister wird es vorerst keine parlamentarische Mehrheit zur Verabschiedung
Dr. Reinhold Mitterlehner hatte zwei Novellen zum Ökostromgesetz der Ökostromnovelle geben.
angekündigt. Bei den Erzeugern von erneuerbarer Energie war Zu-
versicht ausgebrochen. Manche erwarteten sich das neuerliche Aus- 2017 – scheitert die Reform?
schütten eines Füllhorns. Damit ist auch offen, ob die zweite, grundlegendere Änderung des
Ökostromgesetzes kommt. Das alte Tarifsystem sollte einem marktkon-
Doch bevor der Kuchen neu verteilt werden konnte, gab es zu- formeren und effizienteren Fördersystem weichen. „Fixe Einspeisetarife
nächst hinter den Kulissen ein politisches Tauziehen: Sozialpartner wie bisher blockieren den technologischen Fortschritt“, hatte der Wirt-
und Politik verhandelten über die Höhe der Abwrackprämie für klei- schaftsminister bei der Tagung der Energiewirtschaft gesagt. Die neuen
ne, technisch veraltete und wenig rentable Biogasanlagen. Im Re- Regelungen sollen helfen, neue Technologien stärker an die Marktreife
gierungsprogramm ist das auf Seite 32 als „stranded cost Lösung“ heranzuführen. „Ziel ist, die Balance zwischen dem weiteren Ausbau
geführt. Bei Redaktionsschluss war noch kein Ergebnis in Sicht. Ziel von erneuerbaren Energien und den Ökostrom-Kosten für Haushal-
der Politik: Von den knapp 400 Biogasanlagen in Österreich sollen die te und Wirtschaft zu wahren“, sagt Mag. Alexandra Perl, Leiterin des
wirtschaftlich soliden überleben – also etwa die Hälfte. Für die über- Pressereferats im Wissenschaftsministerium. Wirtschaftsminister
lebenden Biogashersteller geht es in der Novelle um Nachfolgetarife. Mitterlehner war jedenfalls mit einem großen Forderungskatalog sei-
Hier erwartet Dr. Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Um- tens der Ökostromerzeuger konfrontiert, der mit einem Ruf nach mehr
welt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, vom Geld zusammengefasst werden könnte. Wenn es etwa nach den Wün-
Gesetzgeber, die Forderungen der Biogasanlagenbetreiber an strenge schen der Photovoltaikbranche geht, formuliert der Geschäftsführer
Bedingungen zu knüpfen. Künftig sollten nur jene Anlagen Förderun- des Bundesverbandes Photovoltaic Austria (PVA), Dr. Hans Kronberger:
gen erhalten, die auch aufgerüstet werden und effizient Ökostrom
liefern. „Anlagenbetreiber sollten unter anderem dazu verpflichtet
werden, ihre Netzeinspeisung effizienter zu timen. Also erst dann den
Strom zu liefern, wenn es dafür Bedarf gibt.“ „Es soll ein Förderquantum für Bürger-
Außerdem sollte in der Herbstnovelle die gemeinsame Nutzung von beteiligungsanlagen nach dem beste-
Erzeugungsanlagen in Mehrfamilienhäusern geregelt werden. Konkret henden Tarifsystem gesichert werden.
ist für Photovoltaik-Kleinsterzeugungsanlagen eine Ausnahme ge- Der Rest sollte in eine Investförderung
plant: Für den Windkraftausbau soll die Erstreckung der sogenannten umgewandelt werden.“
Verfallsfrist für eingereichte Anträge von drei auf vier Jahre verlängert
werden. „Damit könnten derzeit auf Realisierung wartende rund 700
Megawatt sofort umgesetzt werden“, sagt ein Sprecher der IG Wind- Dr. Hans Kronberger, Geschäftsführer des Bundesverbandes Photovoltaic Austria
kraft. Derzeit fallen Windkraftprojekte, die einen Antrag auf Förderung
gestellt haben, nach drei Jahren aus der Reihung und haben dann keine Damit könnte ein kräftiger Ausbauimpuls gesetzt werden. Dr. Harald Foto: PV Austria
Perspektive auf Realisierung mehr. Kritik kommt von Schwarzer aus der Proidl, Abteilungsleiter der Ökoenergie und Energieeffizienz bei
24 ENERGIE INSIDE DEZ/16